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Zweimal Wirtschaftswunder ohne Deutschland und Dreimal die Wahl (Teil I)

Zweimal hat sich der Saarländer überreden lassen, sich Deutschland anzuschließen, das erste Mal hat man ihn gefragt, beim zweiten Mal nicht mehr. In beiden Fällen hat es sich negativ für das Leben der Saarländer ausgewirkt…

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Im Saarland gab es in der Saargebietszeit im Vergleich zum Rest des Deutschen Reiches überproportional viele Patente. Die Hochöfen kochten, unter Tage wurden abertausende Tonnen Kohle und Eisen zu Tage befördert, aus Steuergründen meldeten sich tausende Briefkastenfirmen im Saarland an. Auch viele politisch Verfolgte fanden hier Zuflucht. Die Wirtschaft florierte und dann kam Hitler an die Macht.

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Unheil durch Hitler und seinen Vasallen Bürckel

Bei der Saarabstimmung am 13. Januar 1935 stimmten 91 Prozent der Bevölkerung für die Wiederangliederung des Saargebietes an Deutschland. Nahezu alle Stimmberechtigten nahmen teil und über 90 Prozent stimmten für die Rückgliederung des Saarlandes an das Deutsche Reich. Fast 9 Prozent stimmten für den Status Quo und weniger als ein halbes Prozent für Angliederung an Frankreich.

Die Hakenkreuzflaggen müssen den Saarländern besonders gefallen haben, waren Hakenkreuze doch ein Glücksbringer-Symbol der Bergmänner. Schon vor Hitlers Machtergreifung in den 20er Jahren waren Swastikas auf saarländischen Briefmarken (links 1921, rechts 1923).

Briefmarken.png

Und auch auf einer Postkarte der alten Bergwerksdirektion von 1930 in SB, heute Europagalerie, war oben eine Swastika angebracht.

Bergwerk SB.png

Das Wort Swastika ist ein sanskritisches Wort, welches „Glücksbringer“ bedeutet. „Im Hinduismus, Jainismus und Buddhismus wird die Swastika bis heute als religiöses Glückssymbol verwendet. Im Deutschen wird ein heraldisches Zeichen, das der Swastika ähnelt, seit dem 18. Jahrhundert „Hakenkreuz“ genannt“ heißt es bei Wikipedia. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Saarland nichts mit der NSDAP oder ähnlichen nationalen Bewegungen zu tun. Von daher muss diesem Symbol die ursprüngliche Bedeutung eines Glücksbringers zugekommen sein. Dies passt auch zum Bergmanns-Heil und „Glück auf“ der Bergmänner.

 

Die Saar-Swastika war dünner als die der NSDAP. Durch die Nazis wurde also aus einem Glücksbringer ein Zeichen für das pure Böse. Wir nehmen an, dass Hitler mit diesem Symbol die Saarländer für Deutschland 1935 begeistern wollte. Jedenfalls wäre es plausibel unter dem Gesichtspunkt der Volksabstimmung 1935 an der Saar.

Der Abstimmung an der Saar ging zudem eine breit angelegte Werbekampage voraus, die vor allem durch rechte Parteien unterstützt wurde. Das Motto: "Deutsch ist die Saar, immerdar". Zu diesem Zweck wurde das Steigerlied (Glück auf) umgetextet, während man für den „Status Quo“ eines der furchtbarsten Lieder in der Weltgeschichte hingerotzt hat. Von Komponieren kann bei einer 1-Ton-Melodie nicht gesprochen werden, es ist eine Beleidigung für die Ohren.

 

Am 1. März wurde der neue Gau Saarland Teil des Dritten Reiches. Sehr viele Deutsche bejubelten die "Heimkehr der Saar" und Hitler feierte dies als einen großen persönlichen Erfolg, doch was man den Saarländern versprach, wurde nicht eingehalten. Siehe hierzu eine Beschreibung der damaligen Zustände durch einen Saarländer, der sich im Juli 1939 an die KPÖ wendete (1):

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„Über große Entfernungen hinweg, trotz unserer eigenen Leiden, verbindet uns, die von der Hitlerdiktatur unterdrückten Saarländer aller werktätiger Volksschichten, ein enges Band mit dem unterdrückten österreichischen Volk. Als die hitlerfaschistische Okkupationsarmee, auf Befehl Hitlers und seiner Hintermänner, vom deutschen Schwer- und Finanzkapital, als Eroberer in euer schönes Land einfiel und es besetzte, da war das Saarvolk vor Scham und Empörung aufgewühlt. Das Saarvolk stand und steht auf der Seite des österreichischen Volkes in seinem Kampf für seine nationale Freiheit und Unabhängigkeit, gegen die hitlerfaschistische Gewaltpolitik, unter der auch wir unendlich leiden. […] Bürckel [Reichskommissar und Gauleiter des Saargebiets] ist bei uns Saarländern der allseitig bekannte und gehasste Nutznießer des hitlerfaschistischen Regimes, der mit einem großen Tross seiner Lakaien das Saarvolk überfiel, wie ein Eroberer alle wichtigen Kommandoposten besetzte, um das Saarvolk brutal zu unterdrücken. […]

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Bürckel ist ein geschworener Feind jeglichen Rechts der Arbeiter, Bauern und Mittelständler, der nur das „totale Recht“ des deutschen Großkapitals anerkennt und verteidigt. Bürckel ist der Inbegriff des Feindes jeder freiheitlichen Regung, selbst der Religionsfreiheit. Bürckel, der einstmalige Schullehrer, ist heute Aktionär vieler Industrieunternehmungen und Zugehöriger der Millionärkaste. […]

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Es war Gauleiter Bürckel, der den 46 000 Saarbergarbeitern einstmals nicht nur die Erhalten, sondern sogar die Erweiterung der betrieblichen und gewerkschaftlichen Rechte, der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen, ja die Beseitigung der Ausbeutung versprach; es war aber derselbe Gauleiter Bürckel, der, als er die Kommandogewalt hatte, rücksichtslos die Gewerkschaften zerschlagen, ihre Gelder, Häuser und Vermögen geraubt, alle betrieblichen Rechte zertrümmert, die Bergarbeiter unter ein Sklavenregime gestellt hat, das viel schlimmer ist als es zur wilhelminischen Zeit die schwärzeste Stumm-Hilger-Reaktion war. Schon zweimal wurde den Bergarbeitern die Arbeitszeit um insgesamt 1 ½ Stunde verlängert.

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Durch Gedingekürzungen, Preissteigerung, Vermehrung der Abgaben, Steuern und Abzüge wurde die Lebenshaltung der Bergarbeiter gewaltig gesenkt. Die Unfälle in den Saargruben haben erschreckend zugenommen, die Todesopfer sind in dem Maße gestiegen. Der Gesundheitszustand ist stark gesunken. Der chronische Fett- und Lebensmittelmangel verschlimmert noch diesen Zustand.

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Aber die Saarbergarbeiter sahen dem nicht tatenlos zu. In unzähligen Aktionen haben sie die Über- und Sonntagsarbeit verweigert und zu Fall gebracht. Momentan befinden sich die Saarbergarbeiter in der geschlossenen einheitlichen Abwehr gegen die Arbeitszeitverlängerung, indem sie trotz verlängerter Arbeitszeit nicht mehr, ja sogar weniger Kohlen schicken als früher. Die Saarbergarbeiter halten gewerkschaft-liche, kämpferische Traditionen hoch und haben den einheitlichen geschlossenen Willen, auch jetzt gegen die nazistischen Grubenherren und Bürckelfronvögte zu siegen.

 

Das Saarvolk vergisst weiter nie:

Es war Gauleiter Bürckel, der den Saarländern eine sichere Existenz und. Wohlergehen in der Heimat versprach, der aber tausende Arbeiterfamilien aus ihrer Heimat vertrieb, indem ihre Väter kurzerhand im Saarbergbau entlassen und mit Gewalt in andere Reichsgebiete zur Arbeitsaufnahme getrieben wurden. Allein bis Ende 1937 hatten bereits 30 000 Väter und Söhne aus dem Saarland auswandern müssen, weil für sie in der Heimat keine Arbeit mehr war. Aber auch dagegen wehrten sich viele Saarländer mit Erfolg.

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Das Saarvolk vergisst es nie:

Es war der Gauleiter Bürckel, der den saarländischen Metallarbeitern versprach, energisch gegen die Stahl- und Eisenmillionäre vorzugehen und die Verhältnisse der Metallarbeiter zu verbessern. Aber unten Nazibürckel ging es den Metallarbeitern nicht besser als den Bergarbeitern. Vollständig entrechtet wurden auch ihnen die Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen verschlechtert. Die Lebenshaltung aber hat sich noch verschlimmert. Die Metallmillionäre aber, die Röchling, Stumm, Otto Wolff, auch ausländische Metallherren, verdienen, mit totaler Macht ausgerüstet, viele Millionen mehr ab früher. Auch die Metallarbeiter wehren sich gegen diese Ausplünderung.

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Das Saarvolk vergisst es nie:

Es war der Gauleiter Bürckel, der dem saarländischen Bauersmann eine freie Bauernwirtschaft, bessere Preise für seine landwirtschaftlichen Produkte, ausdrück-liche Verschonung vom Erbhofgesetz, weniger Steuern, Entschuldung und weitgehende Kredite, also in allem eine Zeit der blühenden Landwirtschaft versprach.

Stattdessen brachte Bürckel für die Bauern die zwangsweise Bauernwirtschaft, das Verbot des freien Marktens, schlechten Absatz und geringe Preise für die landwirt-schaftlichen Produkte, brutale Einführung des Erbhofgesetzes, mehr Schulden und keine Kredite, brache Felder, also eine im Niedergang befindliche Wirtschaft.

Der Saarbauer hat, um sich gegen diese immer stärker auftretende Ausplünderung und Verschlechterungen geschlossen und auch schon erfolgreich gewehrt. Der Saarbauer steht im Kampf gegen Hitler und Bürckel an der Seite der Saararbeiterschaft.

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Das Saarvolk vergisst es nie:

Es war Gauleiter Bürckel, der dem Mittelstand und besonders dem Handwerk goldenen Boden versprach. Stattdessen aber liegt das Handwerk zertrümmert da. Handwerker müssen ihre Werkstatt verlassen und müssen die ungewohnte Arbeit eines Betriebs-arbeiters leisten, oder jetzt als Erdarbeiter bei den Festungsbauten schuften.

Steuern und Abgaben haben den Mittelstand vom Ehrenstand zum Bettelstand degradiert. […]

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Das Saarvolk vergisst es nie:

Es war Gauleiter Bürckel, der der Saarjugend eine glückliche Zukunft versprach. Stattdessen ist die Jugend den militärischen Drill der Naziorganisationen gewaltsam gedrängt. Statt Aussicht auf eine glückliche Zukunft und einen guten Beruf ist die Jugend ins Landjahr, in den Arbeits- und Militärdienst gedrängt. Statt glückliche Zukunft für die Jugend steht ganz offen vor ihr das offene Massengrab. Aber die Saarjugend hat neben den Alten ihre Kampfeskraft wiedergefunden, sie kämpft gegen den Drill und besonders gegen den Landdienst.

Die Jugend, sie will eine Zukunft, die ihr erlaubt, ein Leben ohne Sorgen zu führen. Die Jugend denkt an ein späteres glückliches Eheleben, deshalb ist sie gegen Bürckel und Hitler, die wahren Vergewaltiger der deutschen Jugend.

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Das Saarvolk vergisst es nie:

Es war Gauleiter Bürckel, der dem Saarvolk Frieden versprach. Stattdessen ist unser früher so friedliches Saarland zu einem Soldaten-, Waffen- und Munitionsarsenal und zum ersten Kriegsgelände gemacht worden. Wo früher Bauern ungestört friedlicher Arbeit nachgingen, stehen heute Betonbauten, ragen Kanonenrohre gegen den Himmel, rattern Maschinengewehre und Tanks; dem Bauern aber ist der Zutritt zu seinen Feldern verboten.

Wo früher in den saarländischen Wäldern frohe Wanderburschen und Mädchen wanderten und sangen, bezeichnen Stacheldrähte und Militär-patrouillen den Geist des Hitler-faschismus. Wo früher friedliche Arbeiter- und Bauernwohnungen standen, in denen sich ein frohes Familienleben abspielte, stehen heute Kasernen, Munitionsdepots und Kriegsmaschinenschuppen, auf den Feldern stampfen Militärstiefel und Tanks alles in Grund und Boden. Die Familien aber wurden evakuiert, ganze Dörfer umgelegt.

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Das ist die Wahrheit vom Saarland! […]

So, wie wir im Saarland ohne Unterschied der früheren politischen Parteizugehörig-keit und Konfession im Bergbau, in der Metallindustrie, auf den Märkten und im Dorf gegen die schamloseste Ausbeutung und Freiheitsberaubung kämpfen, […] So kämpfen Sozialdemokraten, Kommunisten, Katholiken und Angehörige anderer früherer Parteien unter dem bewährten Banner der Volksfront, deren kämpferische Kraft sogar Ange-hörige der Nazipartei mitgerissen hat.“

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Bereits 1934 wurde auf Plakaten vor Hitler gewarnt!

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